Güterwagen-Drehgestelle: Blech und Winkel - Austauschbauart, deutsch

Version 1.03.102.1, Stand (redaktionell): 29. Dezember 2022, (inhaltlich): März 2015

Inhaltsverzeichnis - Blech und Winkel Hauptseite - Preussen, Elsass-Lothringen 1883/84 - Elsass-Lothringen, 2500 mm Achsstand - Baden, 1850 mm Achsstand - preussisch, VI d 7 III. Auflage - Prinz Heinrich Eisenbahn (Luxemburg), 1911 -
WUMAG 1924 (mit Wiege) -
Talbot, 1925Austauschbauart, deutsch - Österreich, N 28, N 36Frankreich, Y 7 - andere Blech und Winkel-Drehgestelle - nächstes Kapitel - Impressum

Vorbemerkungen - "nach Zeichnung 04.000" - nach Zeichnung Fwg 975.04.000.00.01 - geschweißte Bauart - Daten

Vorbemerkung
Im Zusammmenhang mit diesen Drehgestellen muss vorab ausschnittsweise auf die Entwicklung der Schienenwagen eingegangen werden.

In Anlehnung an die preussischen Schienen-/Plattformwagen wurde der Verbands-Schienenwagen nach Zeichnung A 3 mit den beiden zugehörigen Drehgestell-Bauarten (Diamond, B 23; Pressblech B 24) entwickelt. Darüberhinaus wurde die überlange, preussische Sonderbauart nach Zeichnung Ce 168 (Länge über Puffer 20,1 m) ebenfalls in großer Stückzahl gefertigt.

In der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre entstanden die sogenannten Austauschbauarten. Bei den Wagen der Austauschbauart sollten so viel Bauteile wie möglich genormt und austauschbar sein (z. B. Puffer, Federn, Federlaschen, Federböcke). Bei der Konstruktion des vierachsigen Schienenwagens der Austauschbauart orientierte man sich nun nicht mehr am relativ kurzen Verbands-Schienenwagen (nach Zeichnung A 3) sondern an der längeren preussischen Ausführung nach Zeichnung Ce 168.
Bedingt auch durch die wirtschaftlichen Umstände (Weltwirtschaftskriese) wurden allgemein die Wagen der Austauschbauarten nur in geringen Stückzahlen produziert: so wurde der vierachsige Austauschbau-Schienenwagen (SSl Köln, SSlm 25, Rp 670) zwar von fünf Herstellern aber insgesamt in nur rund 230 Exemplaren gebaut. Bildbelege als auch die Angaben auf der Wagenzeichnung ("Übersichtszeichnungen") und im Merkbuch von 1948 lassen den Schluss zu, dass diesen realtiv wenigen Wagen unterschiedliche oder zumindest unterschiedliche benannte Zeichnungen zurgrundelagen: Die Übersichtszeichnung (Fw 1 SSl 805.01.000.00.01) ersetzt die im Februar 1933 in Siegen entstande Zeichnung 01.000. Im Merkbuch 1948 ist als Zeichnungsnummer für diesen Wagen "SS 101.00" angeben.

Bei der Einführung der Schweißtechnik ab 1934 wurde zunächst die ursprünglich genieteten Konstruktionen des Austauschbaues in geschweißter Ausführung weitergebaut. Inwieweit dies auch für den "Austauschbau"-SSl gilt, lässt sich nach meinem bisherigen Kenntnisstand nicht sagen. Als sicher kann aber gelten, dass das Drehgestell dieses Wagens in geschweißter Bauweise mindestens für Prototypen des geschweißten Schienenwagens SSla (Nachfolger des SSl der Austauschbauart) gebaut wurde. 

Drehgestelle "Austauschbauart"
 
Blech und Winkel-Drehgestell, BA 972 Blech und Winkel
  Blech und Winkel-Drehgestell, genietet
  vermutlich nach Zeichung 04.000
  gestreckte Länge der Feder: 1100 mm
  dadurch bedingt steile Stellung der Laschen

  Quelle: DV 939 F, Jan. 1967
  (Top)

Die vorstehenden Zeichnung findet sich in der Bundesbahn-DV 939 d vom Januar 1967 unter der nachweislich falschen Zeichnungsnummer VI d 7 III. Auflage. Verschiedene Merkmale sprechen jedoch eindeutig dafür, dass es sich hier um eine Konstruktion nach den Regeln des Austauschbaus handelt: Die Federböcke entsprechen denen zweiachsiger Austauschbauwagen, auch die Federn haben neben dem selben Querschnitt die gleiche gestreckte Länge. Allerdings erscheinen diese Federn in zweifacher Hinsicht fragwürdig: Zum einen führt die Länge der Federn zu einer lauftechnisch ungünstigen Steilstellung der Laschen, zum anderen sind in der Zeichnung nur 10 statt 11 Federblätter (Austauschbau Laufwerk, Zeichnung 02.000 für zweiachsige Wagen, s. Jakob S. 18) zu erkennen. Diese Federn wären - entgegen den Intentionen des Austauschbaues  - trotz gleicher Länge nicht mit den Federn zweiachsiger Austauschbau-Wagen tauschbar gewesen, hätten gleichzeitig aber das Laufverhalten des Wagens negativ beeinflußt.
Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Drehgestell im Rahmen der Entwicklung der Austauschbauarten lediglich als Zeichnung entstanden nie aber wirklich in Fertigung gegangen ist.

 
Blech und Winkel-Drehgestell, BA 975 Blech und Winkel
  Blech und Winkel-Drehgestell
  nach Zeichnung Fwg 975.04.000.00.01
  gestreckte Länge der Federn 1000 mm

  dadurch bedingt 60-Grad-Stellung der Laschen

  Quelle: DV 939 F, Jan. 1967

Alle mir bislang bekannten Fotos des SSml 25 zeigen ein Drehgestell mit "richtig" schräggestellten Laschen (60 Grad, gestreckte  Länge der Federn also 1000 mm) zeigen. Nach den vorangestellten Bemerkungen über den vierachsigen Schienenwagen der Austauschbauart und der damaligen wirtschaftlichen Gegebenheiten wäre zu erwarten, dass dieses Drehgestell nur in sehr kleinen Stückzahlen gebaut wurde und daher relativ selten ist. Dennoch existieren von diesem Drehgestell gar nicht so wenig Bilder.
Und diese belegen, dass diese genieteten Blech und Winkel-Drehgestelle noch bis 1942 - also bis lange nach der Einführung der Schweißtechnik im Güterwagenbau - von verschiedenen Herstellern (zum Beispiel Uerdingen, MAN, Wismar, NW Elze) hauptsächlich für Kesselwagen gebaut wurden.
 
 
Drehgestell Bauart 975 Blech und Winkel, Austauschbauart, Kosan Gas 84 86 751 5 035-5; Foto: P. T. Nielsen   Blech und Winkel-Drehgestell, genietet
  nach Zeichnung 975.04.000.00.01
  10-lagige Blattfeder

   Kosan Gas, Druckgaskesselwagen
   84 86 751 5 035-5
   Foto: P. T. Nielsen, DK-Köge, 1988


 
Blech und Winkel-Drehgestell, Bauart 975, Austauschbauart; SKW Karbid-Flaschenwagen  84 0 925 2 009-.; Foto: P. T. Nielsen   Blech und Winkel-Drehgestell, genietet
  nach Zeichnung Fwg 975.04.000.00.01

  SKW, Karbid-Flaschen-Wagen
  84 80 925 2 009-.
  Foto (Ausschnitt): P. T. Nielsen; Trostberg, Juli 1990


 
Blech und Winkel-Drehgestell, vermutlich Bauart 972   Blech und Winkel-Drehgestell, genietet
  analog zu Zeichnung Fwg 975.04.000.00.01
  beachte: Lastwechsel im Drehgestell, 
  9-lagige Blattfeder

  (Bochum Dahlhausen, 10. Juli 1996)         (Top)

Der auf dem vorstehenden Foto erkennbare Lastwechsel im Drehgestell könnte darauf hindeuten, dass dieses Drehgestell für Tiefladewagen gebaut wurde. Belegt ist jedoch, dass MAN auch Kesselwagen mit derartigen Drehgestellen ausgestattet hat (Filmfabrik Wolfen).

(Ähnliche) Drehgestelle Geschweißte Bauart - siehe auch: Güterwagen Drehgestelle: Geschweißt -BA 975 Blech

Auf diese Drehgestelle ist hier einzugehen, weil diese den vorliegenden Skizzen nach dem Austauschbau-Drehgestell nach Zeichnung 975 04.000.00.01 sehr ähnlich sehen.

Das geschweißte Drehgestell nach Zeichnung Fwg 503.04.1, das für vermutlich in Verbindung mit der Ursprungsausführung des Schienenwagens in "Geschweißter Bauart" (SSla/SSlma 44/Rk 672) entwickelt wurde, ist trotz seiner scheinbaren Ähnlichkeit 550 kg, mehr als 10 Prozent, leichter als das genietete Blech und Winkel-Drehgestell der Austauschbauart (nach Zeichnung Fwg 975.04.000.00.01).

Die ebenfalls ähnlich erscheindenden geschweißten Drehgestell, die 1935 für zwei Tiefladewagen (SSt 39, Wagennummer 980 401, 402; Skizze 32 in der DV 934) gebaut wurden, unterscheiden sich außer durch die Schweißbauweise auch hinsichtlich der Anzahl der Federblätter (15 statt 10, gestreckte Länge 1100 mm - demnach müssten die Federlaschen ebenso wie beim Drehgestell nach Zeichnung 04.000 steiler gestellt sein). 

 
  Blech und Winkel-Drehgestell   04.000
  Austauschbau
  Entwurf?
 975.04.000.00.01
 Austauschbau
 Serie
 503.04.1
 Ges. Bauart
  Drehgestell-Gattungsnummer   975   975   975
  Achsstand   2000 mm   2000 mm   2000 mm
  maximaler Laufkreis-Durchmesser   940 mm   940 mm   940 mm
  Achsschenkelmittenabstand   1956 mm   1956 mm   1956 mm
  Blatt-Tragfedern      
    Gestreckte Länge   1100 mm   1000 mm   1000 mm
    Anzahl der Federblätter   10   10   10 
    Federblattquerschnitt   90 x 13 mm   90 x 13 mm   90 x 13 mm
  Durchschnittsgewicht (incl. Radsätze, Bremse)     4600 kg   4050 kg
  erstes Baujahr   1928   1928   1934 ?

Quellen:
Deutsche Bundesbahn: Merkbuch für die Schienenfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Güterwagen. Band 2. DV 939 F,  Januar 1967 und nachfolgende Berichtigungen (bis B 12)
Deutsche Bundesbahn: Merkbuch für die Fahrzeuge der Reichsbahn/Deutschen Bundesbahn. IV. Wagen (Regelspur) DV 939 d, Teil A, Ausgabe 1948 (Nachdruck Alba Verlag, Düsseldorf)
Deutsche Bundesbahn, Zentralstelle Technik (Hrsg.): Die Güterwagen im Maßstab 1 : 100 - Stand 1950. Nachdruck anläßlich des 150jährigen Jubiläums der deutschen Eisenbahnen 1985. Mainz.
Deutsche Reichsbahn, Reichbahn -Zentralamt Berlin, Dezernat 28: Die Güterwagen der Regelbauart - Übersichtszeichnungen. Berlin 1945 (Originalzeichnungen auf CD-ROM, Herausgeber und Vertrieb: Schiffer, Viktor; Wuppertal und Janssens, Luc; Lier - Belgien)
Driesch, Peter: Persönliche Mitteilungen
Jakobs, Manfred: Historische Güterwagen. Berlin 1985
Taschinger, Otto: Geschweißte Tiefladewagen. Nachgedruckt in: Steiger Verlag (Hrsg.): Eisenbahnwagen in Originaldokumenten: eine internationale Übersicht aus "Organ für Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung" Teil 3: 1910 - 1943, Text- und Tafelband. Moers, 1986/87; Seite 229 ff.
Uebel, Lutz; Richter, Wolfgang D. (Hrsg.): 150 Jahre Schienenfahrzeuge aus Nürnberg. Freiburg 1994

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