Güterwagen-Drehgestelle: Parabelfeder - LHB 82 (DB BA 650 ff - P65, Normalspur)
Version 2.01.88.1, Stand: 29. Januar 2011

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Vorbemerkungen - Konstruktions- und Unterscheidungsmerkmale - Ausführungsvarianten (Normalspur) - Daten
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Mit dem Drehgestell der Bauart LHB 78 hatte Linke Hofmann Busch zu Beginn der 1980er Jahre zwar ein Parabelfeder-Drehgestell "im Programm", doch dieses Drehgestell war von der Deutschen Bundesbahn für eigene Beschaffungen nicht zugelassen und konnte daher nur für Privatwagen und  Bestellungen ausländischer Bahnverwaltungen verwendet werden. Um Aufträge für die DB abwickeln zu können, hätte LHB wieder Drehgestelle vom Konkurrenten Waggon Union zukaufen müssen. Diese Drehgestelle der Bauart 665 waren jedoch in der Herstellung sehr aufwändig und daher teuer, außerdem waren die Trapezschaken, die entsprechenden Schakensteine und die Radsatzhalterstege nicht mit denen konventioneller Blattfeder-Laufwerke tauschbar.
Es dürfte in dieser Situation für LHB also nahegelegen haben, der DB vorzuschlagen, ein Parabelfeder-Drehgestell zu entwickeln, das einen geringeren Herstellungsaufwand erfordert und mit konventionellen Schakenbauteilen ausgestattet ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass LHB von Anfang an diese Konstruktion so angelegt hat, dass eine Vielzahl von Ausführungsvarianten auch fertigungstechnisch relativ einfach realisierbar waren.
 
  Drehgestell Bauart LHB 82
  (dargestellt ohne Bremse)

   Quelle:
   Linke-Hofmann-Busch: Modern self steering high speed
   Freight Bogies. Technical Description and References. 
   Projekt 6945.GP-121.WD-06-Bogie-85 (Umschlagabb.)


 
  Drehgestell BA 665
  Untergurt-Schubkästen, Trapezschaken, 
  verwindungsweiche Kopfquerträger, ovale 
  Bremsschaulöcher 

  (DB Snps 719, 31 80 472 3 242-2, 
   Hameln, 21. Aug. 2001, Foto: Hermann Jahn)

  Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA 586)
  Schubgurte, Langschaken, röhrenförmige Kopf-
  querträger, kreisrunde Bremsschaulöcher
 

  VTG Druckgas-Kesselwagen 33 80 781 3 324-0
   Hameln, 5. März 2001, Foto: Hermann Jahn


 
  Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA 586)
  kreisförmige Bremsschaulöcher, Langschaken
  röhrenförmiger Kopfquerträger, mittlerer Federbock
  Schubgurt umgreifend
   VTG Druckgas-Kesselwagen 33 80 781 3 324-0
   Hameln, 5. März 2001, Foto: Hermann Jahn
  Drehgestell Bauart LHB 82 (DB BA 5891 )
  ovale Bremschaulöcher, Kurzschaken,
  kastenförmiger Kopfquerträger, mittler Federbock
  auf Schubgurt sitzend
   (VTG Zacns 33 80 792 9 041-1, Hameln, 30. Sept. 1999, 
   ID 138.33)

Gegenüber dem Parabelfeder-Drehgestell der Bauart 665 unterscheidet sich das LHB 82 vor allem in fünf Merkmalen:
a) Der Rahmen des LHB 82 ist nicht auf den Tausch normalspuriger gegen breitspuriger Radsätze hin angelegt. (Ein solcher Radsatztausch findet lediglich beim Übergang auf iberische Breitspur statt, betrifft also nur speziell für diesen Verkehr gebaute Fahrzeuge. Beim Übergang auf russische Breitspur (also auch im Verkehr mit Finnland) werden die kompletten Drehgestelle getauscht. Für die Forderung nach grundsätzlich spurwechselfähigen Drehgestellen gibt es also keinen wirklichen Bedarf.)
b) Beim LHB 82 sind die Parabelfedern in kurzen Rechteckschaken, wie sie unter anderem auch in Doppelschakengehänge zweiachsiger Güterwagen-Laufwerke verwendet werden, und mit den konventionellen Wendeschakensteinen aufgehängt.
c) Das LHB 82 ist eine Schweißkonstruktion ohne Verwendung von Pressblechteilen.
d) Beim LHB 82 erfolgt die Überleitung der Seitenkräfte der Radsatzführungen nicht kastenförmige Gebilde sondern durch aufgeschweißte gurtartige Flachbleche.
e) Beim LHB 82 sind die Kopfquerträger als kastenförmige Hohlträger ausgebildet.

Ausführungsvarianten (Normalspur)
Der Rahmen des LHB 82 kann sowohl mit Parabelfedern (zwei- oder einstufig, negativ vorgesprengt) oder mit Trapezfedern (einstufig, negativ vorgesprengt, 8 Federblätter) ausgestattet werden.

"Von Haus aus" kann das LHB 82 mit Einfach- oder Doppelbremsklötzen, mit 60 oder 120 kN-Bremsgestänge, mit eingebautem Bremszylinder, mit verschiedenen Wiegeventilen und mit Drehpfannenverriegelung ausgerüstet werden. Bereits dadurch ergibt sich
eine Fülle von Ausführungsvarianten. Spezielle Kundenwünsche (Reibungsklammern, Feststellbremse im Drehgestell) führten zu weiteren Ausführungen. Allein bei der Deutschen Bundesbahn/Deutschen Bahn existieren für Drehgestelle der Bauart LHB 82 mindestens 17 Bauartnummern, wobei alle Ausführungen mit zweistufigen Parabelfedern ausgerüstet sind.

a) LHB 82 sd, LHB 82 sdv
Als Standardausführung kann die Bauform mit zweistufigen Parabelfedern, Doppelbremsklötzen und 60 kN-Bremsgestänge, für maximal 22,5 t Radsatzlast gelten (DB BA 652, bei Privatwagen: DB BA 588). In der Ausführung mit Wiegeventil (angesteuert über ein Gelenk am mittleren Federbock) laufen diese Drehgestelle unter den DB Bauartnummern 653 und 589 (bei Privatwagen). Die DB Bauart 654 entspricht der Bauart 653 (mit Wiegeventil) hat jedoch ein 120 kN-Bremsgestänge.
 
LHB 82 mit Wiegeventil, SBB Snps 31 85 472 3 022-3; Foto: Hugo Kagerbauer   Drehgestell Bauart LHB 82 sdv (mit Wiegeventil,
  entsprechend DB Bauarten 653 und 589)

  SBB Snps 31 85 472 3 022-3; 
  Foto: Hugo Kagerbauer

b) LHB 82 s
Als vereinfachte Ausführungen können die DB Bauarten 650 und 590 (P-Wagen) gelten. Diese sind mit zweistufigen Parabelfedern, Einfachbremsklötzen sowie 60 kN-Bremsgestänge ausgerüstet und für maximal 20,5 t Radsatzlast zugelassen. Die DB Bauart 651 mit Radsätzen der Bauart 02 (statt 80 oder 88) und dementsprechend für 22.5 t Radsatzlast zugelassen, "wird nicht verwendet".

c) LHB 82 sdi, LHB 82 sdiv, LHB 82 sdif
Für private Einsteller wurde das LHB 82 mit eingebautem Bremszylinder gefertigt (DB Bauarten 585 - Protoyp, 584 - Serie und 583 - Serienausführung mit Wiegeventil). Alle drei Bauarten haben zweistufige Parabelfedern, Doppelbremsklötze, 60 kN-Bremsgestänge und sind für maximal 22,5 t Radsatzlast zugelassen.
 
  Drehgestell Bauart LHB 82 sdi
  (nach Zeichnung LHB 2 17096.1)
  mit eingebautem Bremszylinder

  Werkfoto LHB; Quelle:
   Linke-Hofmann-Busch: Modern self steering high speed
   Freight Bogies. Technical Description and References. 
   Projekt 6945.GP-121.WD-06-Bogie-85 

Für die Spezialausführung "mit eingebautem Bremszylinder und Feststellbremse" wurde meines Wissens keine DB Bauartnummer vergeben.
 
Drehgestell LHB 82 sd if, Feststellbremse   Drehgestell Bauart LHB 82 sdif
  eingebauter 12"-Bremszylinder, Feststellbremse

  (VTG Uacns 33 80 932 6 080-4, Hameln, 11. Okt. 1999, 
  ID 141.04A)

d) LHB 82 s vr, LHB 82 sd vr
Ebenfalls für private Einsteller wurden Drehgestelle der Bauart LHB 82 mit Drehpfannenverriegelung nach UIC-Merkblatt 430-3 gebaut. Entsprechende Drehgestelle mit Einfachbremsklötzen (zweistufige Parabelfeder, Radsätze BA 80, 60 kN-Bremsgestänge, maximale Radsatzlast 20,5 t, LHB 82 s vr - meinen Beobachtungen nach selten) werden bei der DB unter der Bauartnummer 591 geführt, die Ausführung mit Doppelbremsklötzen (maximale Radsatzlast 22,5 t LHB 82 sd vr) unter der Bauartnummer 592.
 
 
Drehgestell LHB 82 sd vr (Drehpfannenverriegelung)   Drehgestell Bauart LHB 82 sd vr
  Drehpfannenverriegelung (über mittlerem 
  Federbock), Pufferklötze am Kopfquerträger

  (VTG Zacens 33 80 793 2 271-9, Hameln, 7. Dez. 2000, 
  ID 163.17)


 
  Drehgestell Bauart LHB 82 sdv VR
  Drehpfannenverriegelung, Gelenkarme zur 
  Ansteuerung eines am am Kopfquerträger 
  sitzenden Wiegeventil (hier ausgebaut)

  Hersteller: Rautarukki Oy, T1 - 0041, 1989
  Foto: Olli Savela, Turku (Umachsanlage), 5. Juni 2007

e) LHB 82 sdv BR
Für die "British Railways" hat LHB 1986 nach eigenen Angaben 100 mit Wiegeventil ausgestatteten Drehgestelle für eine maximale Radsatzlast von 22,5 t gebaut. Entsprechend den Gegebenheiten des britischen Gleisoberbaus sind die zweistufigen Parabelfedern zusätzlich mit Reibungsklammern versehen. Da je Wagen nur ein Drehgestell mit Wiegeventil erforderlich ist, müsste auch eine entsprechende Anzahl von Drehgestellen ohne Wiegeventil (LHB 82 sd BR) gebaut worden sein.
 
  Drehgestell Bauart LHB 82 sdv BR
  mit Reibungsklammern und Wiegeventil
  zugelassen von der British Railway
  nach Zeichnung LHB 2 17090.1
  Ansicht von der Wagenstirnseite

  Werkfoto LHB, Salzgitter
 

Zur Funktion der Reibungsklammern siehe Parabelfeder-Hauptseite, unten.
 

f) LHB 82 sd Samson, LHB 82 sdv Samson
Für die ab 1994 für die DB in Serie gebauten Selbstentladewagen Falns 121 entwickelte LHB eine verstärkte Ausführung des LHB 82, die für eine maximale Radsatzlast von 23,5 t ausgelegt und mit Samson-Doppelbremsklötzen ausgerüstet ist. Diese erhielten von der DB die Bauartnummern 655 (ohne Wiegeventil) und 656 (mit Wiegeventil).
Auf Grund einer nicht zustandegekommenen Wagenlieferung verfügte die DB 1998 über eine Serie von Drehgestellen der Bauarten 655/656, die als Ersatz für Minden Siegen-Drehgestelle (DB Bauarten 661.1/664.1) verwendet wurden, dazu aber für die Ausrüstung mit Einfachbremsklötzen umgebaut werden mussten. Diese umgebauten Drehgestelle erhielten die Bauartnummern 655.1 und 656.1 wobei bei den Drehgestellen der Bauart 656.1 das Wiegeventil nicht angeschlossen und genutzt wird. Diese zurückgebauten Drehgestelle dürfte augenscheinlich so gut wie nicht oder nur auf Grund des Wiegeventils von den Drehgestellen der Bauart LHB 82 s (siehe e) zu unterscheiden sein.

g) LHB 93 R
Für Schnellfahrversuche baute LHB Protoypen, die aus dem LHB 82 abgeleitet waren. Augenfällige Unterschiede ist die Ausrüstung mit hydraulischen Schlingerdämpfern und die geänderte (zu den Kopfstücken hin und im mittleren Bereich deutlich niedrigeren) Form der Seitenwangen.

LHB 93 R (Schnellfahrdrehgestell, abgeleitet aus LHB 82); Foto: Harald Westermann   Drehgestell Bauart LHB 93 R 
  (aus dem LHB 82 abgeleitetes Schnellfahr-
  Drehgestell für Geschwindigkeiten bis 160 km/h)

   DB Sgss-y 703 84 80 455 0 087-5, 
   Foto: Harald Westermann, Minden


 

LHB Prospekt-Skizze
In zahlreichen DB Unterlagen wird zur Dokumentation der LHB 82-Drehgestelle eine Skizze verwendet, die sich auch in einem LHB-Prospekt zu diesem Drehgestell gezeigt wird.
 

  Drehgestell Bauart LHB 82
 

   Quelle: Linke-Hofmann-Busch Waggon-Fahrzeug-Maschinen
   GmbH: Prospektblatt "Standard-Güterwagendrehgestell 
   LHB 82 s, ss, sd, sdi mit Lenkradsätzen 22,5 t,
   DB Bauartreihe 650, 651, 652, 653, 654". Salzgitter 1985
 

Erst bei näherem Hinsehen fällt auf, dass diese Skizze nicht ganz mit den geläufigen Ausführungen dieses Drehgestells übereinstimmt: Da ist zum einen der Obergurt im Bereich des Hauptquerträgers nach oben gekröpft, da finden sich nicht erklärbare dreieckförmige Zeichnungselemente über den äußeren Schaken  (sollten das Aussparungen zum Ausschlagen der Federbolzen sein, müssten die sich auch über denn inneren Schaken finden lassen) und ferner sitzt innen dem linken Radsatzgehäuse eine Art Zeiger oder Mitnehmer, den ich bislang an keinem "normalen" LHB 82 gesehen habe ....

Daten
 Parabelfeder-Drehgestell, LHB   BA 652/588
  LHB 82 sd
  BA 653/589
  LHB 82 sdv
  Zeichnungsnummer   2Fwg 886.0.04.000.652
   2 17090.1. MSP.B, Zust. A
  NN
   2 17090.1. MSP.C, Zust. A
  Spurweite   1435 mm   1435 mm
  Achsstand   1800 mm   1800 mm
  Bauart der Radsätze   BA (0)02   BA (0)02
  Bauart der Radsatzlager   BA (0)81   BA (0)81
  größte zulässige Radsatzlast   22,5 t   22,5 t
  maximaler Laufkreis-Durchmesser   920 mm   920 mm
  minimaler Laufkreis-Durchmesser   858 mm   858 mm
  Querspiel der Radsätze   ± 23 mm    ± 23 mm 
  Längsspiel der Radsätze   ± 6 mm   ± 6 mm
  Achsschenkelmittenabstand   2000 mm   2000 mm
  Oberkante der oberen Drehpfanne über SO    880 mm   880 mm
  Ausführung der Gleitstücke   fest   fest
  Gleitstück-Oberkante über SO   900 mm   900 mm
  Gleitstück-Mittenabstand   1700 mm   1700 mm
  Parabel-Tragfedern (zweistufig)   neg. vorgesprengt   neg. vorgesprengt
    Augenabstand/gestreckte Länge   1200 mm   1200 mm
    Anzahl der Federblätter    4 + 1 Stück   4 + 1 Stück
    Federblattbreite   120 mm   120 mm
  Bremsklötze   Bgu   Bgu
  Höchstgeschwindigkeit   120 km/h   120 km/h
  Durchschnittsgewicht (incl. Radsätze, Bremse)   4750 kg
  4846 kg
  4800 kg
  4881 kg
  erstes Baujahr  1986   1986 

Anmerkungen:
1 Die DB Bauart 589 ist mit einem Wiegeventil ausgerüstet, fotografiert ist hier jedoch die Seite ohne Wiegeventil.
2 Analog dazu müsste eine entspechende Drehgestell-Bauart mit 120 kN-Bremsgestänge ohne Wiegeventil existieren. Die Bauartnummer eines solchen Drehgestells ist mir bislang nicht bekannt.
 
 


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